In dieser Gemeinderatssitzung hat der Gemeinderat einige kontrovers diskutierte Beschlüsse gefasst. Wir berichten von einigen der Themen.
Unterschriftenaktion Carl-Benz-Straße – Bürgerbeteiligung oder Meinungsäußerung Einzelner? (TOP 3)
Im Mai und Oktober 2020 hatte der Gemeinderat jeweils mit großer Mehrheit beschlossen, bei der Planung der Carl-Benz-Straße wechselseitig sechs Bäume und Parkplätze anzuordnen.
Anfang März wurde bei der Verwaltung eine zweiseitige Liste mit der Überschrift „Wir Anwohner der Carl-Benz-Straße sind gegen Baumscheiben bei der Straßengestaltung“ mit 34 Unterschriften abgegeben. Einige Namen waren unleserlich, es waren keine Adressen angegeben, bei einigen Namen fehlten sogar die Vornamen. Nicht alle Unterschriften kamen von Personen, die in der Carl-Benz-Straße wohnen. Der Name einer für die Aktion verantwortlichen Person fehlte.
Der Bürgermeister begriff dies als Bürgerbeteiligung und setzte den Punkt auf die Tagesordnung. Der Gemeinderat sollte beide Beschlüsse bestätigen bzw. abändern. Nach den Vorgaben der Gemeindeordnung ist eine solche Bestätigung nicht nötig. Hier wurde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen.
Bürger*Innenbeteiligung, die Einbeziehung von Betroffenen und Bürger*innen an politischen Entscheidungen und Maßnahmen im Planungsstadium, ist für uns GRÜNE ein hohes Gut. Allerdings muss sie vor einer Entscheidung stattfinden. Wir haben uns schon unzählige Male dafür eingesetzt und die rechtzeitige Information und Beteiligung eingefordert.
Wir Gemeinderät*innen sind daran interessiert, die Wünsche, Interessen und Anregungen der Bürger*innen zu erfahren und in unsere Überlegungen einzubeziehen. Dazu bieten wir öffentliche Fraktionssitzungen an und sind auch sonst ansprechbar.
Bei der Entscheidung sind wir als Gemeinderät*innen dem Allgemeinwohl, dem Wohl der Gemeinde und der hier Wohnenden, verpflichtet. Wir wollen und dürfen nicht nur Interessen Einzelner vertreten. Wenn Einzelne sich erst nach einer Entscheidung melden, ist das keine Bürger*innenbeteiligung.
Aus gutem Grund sind Beschlüsse des demokratisch legitimierten Gremiums nur sehr schwer abänderbar. Durch einen Bürgerantrag auf einen Bürgerbescheid kann ein Gemeinderatsbeschlusses abgeändert werden. Das folgt dann aber einem streng formalisierten Verfahren und fordert u. a. eine bestimmte Anzahl zuordenbarer Unterschriften.
Die Beschlüsse wurden vom Gemeinderat bestätigt, nur die FWV-Fraktion stimmten geschlossen gegen die Beibehaltung der zuvor demokratisch gefassten Beschlüsse.
Das gehaltene Statement finden Sie hier.
Gemeindevollzugsdienst – Leider keine neue halbe Stelle, nur Aufstockung vom Mini- zum Midi-Job
Bei den Haushaltsberatungen für das Jahr 2021 hatten wir eine zusätzliche halbe Stelle für eine weitere Kraft im Gemeindevollzugsdienst beantragt. Entsprechende Mittel wurden eingestellt.
Nun sollte der Gemeinderat über die Bewirtschaftung der Mittel entscheiden, d. h., beschließen, dass eine Kraft eingestellt wird.
Die Aufgaben des Gemeindevollzugsdienstes sind in einer sechsseitigen Dienstanweisung niedergelegt. Allein zwei eng bedruckte DIN-A4-Seiten dienen der Aufgabenbeschreibung – vom Vollzug von Gemeindesatzungen über die Überwachung des Straßenverkehrsrechts zum Umweltschutz, Feldschutz und dem Veterinärwesen.
Aufgaben für eine zweite Kraft gibt es genug – dass kann jeder sehen, der vor allem zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist. Zugeparkte Fußwege und Autos auf den Radwegen sind alltäglich. Man muss häufig den Bürgersteig oder den Radweg verlassen, um weiterzukommen, besonders mit Kinderwagen oder Rollator. Das ist mühsam und gefährlich. Hier könnte man viel, viel mehr ahnden. Und damit hoffentlich erreichen, dass die Situation sich langsam ändert, dass es für die schwächeren am Verkehr Teilnehmenden nach und nach leichter wird, sich im öffentlichen Raum zu bewegen.
Mit einer zweiten Kraft könnten vielleicht auch die örtlichen und allgemeinen Bauvorschriften überwacht werden – hier fehlt viel Grün, das im Gesetz und den örtlichen Bebauungsplänen vorgegeben ist.
Uns ist und war auch wichtig, eine sozialversicherungspflichtige halbe Stelle mit einer sozialen Absicherung zu fordern. Bei Urlaubsabsprache könnte eine zweite Person auch bedeuten, dass immer eine Vollzugskraft im Ort unterwegs sein kann.
Die Ordnungskraft ist für uns kein Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Regeln werden nur eingehalten, wenn sie zumindest manchmal überprüft werden. Das gilt auch in Neulußheim. Wir müssen es schaffen, die Schwächeren gerade im Verkehr zu schützen.
Uns ist klar, dass der Gemeindevollzugdienst die Probleme nicht alleine löst. Es gibt – übrigens nicht nur hier – zu viele Autos und zu wenig Parkplätze. Es gibt zu wenig Radwege, zu wenig ÖPNV und zu wenig Carsharing. Es muss möglich werden, ohne eigenes Auto, das im Bundesdurchschnitt 23 Stunden am Tag steht, auszukommen. Hier muss sich in Zukunft einiges grundlegend ändern, Stichwort „Neue Mobilität“. Wir brauchen Konzepte, wie wir im Ort darauf hinarbeiten können. Wir brauchen Ideen, wir brauchen Bürger*innbeteiligung. Das Auto darf zukünftig nicht alleinige Grundlage unserer Straßenplanung und -gestaltung sein.
Wir können nicht warten, bis die Verkehrswende geschafft ist. Wir brauchen bereits jetzt mehr Sicherheit im öffentlichen Raum für alle.
Leider entschied sich die Mehrheit des Gemeinderats gegen unseren Antrag. Außer uns stimmte nur ein weiterer Gemeinderatskollege für unseren Antrag.
Immerhin wurde entschieden, die Stunden des derzeitigen Vollzugsbeamten zu einem Midi-€-Job zu erhöhen.
Das gehaltene Statement finden Sie hier.
WfN-Antrag: Bäume – Was können wir als Grüne zu einem solchen Antrag sagen? (TOP 6)
Die Fraktion WfN hat einen sehr sinnvollen Antrag zur Erhaltung von „Grün“ – Bäumen, Grünflächen – gestellt. Inhaltlich hätten wir uns eine Verstärkung zum Ersatz von gefällten Bäumen gewünscht, die klarstellt, dass wegfallende Bäume in einem nicht so weiten Abstand ersetzt werden müssen. Das wünschen wir uns übrigens schon jetzt für den Baum, der vor der Eisdiele gefällt wurde.
Als Gemeinde geben wir klar vor, dass für uns die Erhaltung von Bäumen und Grünflächen eine hohe Priorität besitzt. Das hat Vorbildfunktion.
Diesen sinnvollen Antrag unterstützte unsere Fraktion einstimmig.
Das gehaltene Statement finden Sie hier.
Zuschuss – Tennis-Verein-Lußheim (TVL) (Top 7)
Der TVL beantragte einen Zuschuss für eine Terrassensanierung und ein Beregnungssystems für Tennisplätze (Gesamtkosten 30.900 €).
Laut der aktuellen Vereinsförder-Richtlinie bekommen örtliche Vereine, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, für Bau- und Sanierungskosten einen Zuschuss über 20 % der förderfähigen Maßnahmen.
Der Beschlussantrag der Verwaltung verwies auf die bisherige Handhabung. Da es sich ja um einen Lußheimer Verein handele, sollten nur 10 % der Gesamtkosten gefördert werden. Der Verein könne auch in Altlußheim einen Zuschuss beantragen.
Dr. Hartmann zeigte nachvollziehbar auf, wie tatsächlich bei zurückliegenden Bezuschussungen für Vereine entschieden wurde. Im analogen Fall der „Lußheimer Hundefreunde“ wurden 20 % gewährt, obwohl die Kosten auch bei der Nachbargemeinde mit 5 % förderfähig waren. Basierend darauf beantragten wir drei weitere Beschlussanträge, um die bisherigen Fälle abzubilden. Nun war der Rat umfänglich informiert, um eine gerechte Entscheidung zu treffen. Die Mehrheit entschied analog des Falls der „Lußheimer Hundefreunde“.
Nach den Erläuterungen und Diskussionen war klar, dass die Entscheidungen der Vergangenheit eher willkürlich als vorausschaubar und gerecht waren. Daher stellte unsere Fraktion inzwischen den Antrag, die Förderrichtlinien für Vereine neuzufassen, um den Vereinen Planungssicherheit und dem Gemeinderat nachvollziehbare Entscheidungen zu ermöglichen.
Das gehaltene Statement finden Sie hier.
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